Update Krankenhausreform 2024: NRW Reform vs. BMG Reform
Eine Krankenhausreform muss kommen, aber welche Reform wird es? Wir haben die NRW-Krankenhausreform und den neuesten Gesetzesentwurf zur Krankenhausreform vom BMG unter die Lupe genommen.
1. Die NRW Krankenhausreform
Die Krankenhausreform in Nordrhein-Westfalen (NRW) ist das Vorreiter Planungsprojekt, das darauf abzielt, die Krankenhauslandschaft des Bundeslandes grundlegend zu modernisieren und an die aktuellen sowie zukünftigen Anforderungen der Gesundheitsversorgung anzupassen. Der Kern der Reform besteht darin, die stationäre Versorgung in NRW durch eine stärkere Spezialisierung und Bündelung von Kompetenzen zu optimieren und gleichzeitig die Qualität der medizinischen Versorgung für die Bevölkerung zu sichern.
1.1 Zeitlicher Abriss
April 2022: Am 27. April 2022 wird der neue Krankenhausplan NRW veröffentlicht. Dieser Plan dient als Grundlage für die stationäre Versorgung im Land und definiert die zukünftige Verteilung der medizinischen Leistungen auf die Krankenhäuser. Die praktische Umsetzung beginnt am 1. September 2022 mit regionalen Planungsverfahren, in denen festgelegt wird, welche Krankenhäuser welche Leistungen anbieten.
Oktober 2022: Es starten die Verhandlungen zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen zur Entwicklung regionaler Versorgungskonzepte.
Herbst 2023: Im Herbst 2023 sind die meisten Austausche zwischen dem Ministerium, den Krankenhäusern und den Kostenträgern abgeschlossen. Die gemeldete Fallzahlen der Krankenhäuser und das dazugehörige Statement der Kostenträger werden veröffentlicht.
Mai 2024: Am 16. Mai/14. Juni 2024 wurden die Anhörungsschreiben für die Leistungsgruppen übermittelt. Alle Beteiligten haben in den Anhörungsverfahren die Möglichkeit, eine schriftliche Stellungnahme abzugeben. Alle Stellungnahmen werden bis Ende der Sommerferien 2024 vom Ministerium geprüft und bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt
Ab 2025: Die neu strukturierten Vorgaben treten in Kraft, wodurch die Krankenhäuser in NRW ihre Arbeit nach den neuen Bestimmungen ausrichten. Dies soll zu einer stärkeren Spezialisierung und einer verbesserten medizinischen Versorgung im Land führen.
1.2 Leistungsbereiche und Leistungsgruppen
Im Rahmen der Krankenhausreform in Nordrhein-Westfalen (NRW) wurde ein neues Modell der Leistungsbereiche und Leistungsgruppen eingeführt, das als zentrale Säule der Reform gilt. Dieses Modell zielt darauf ab, die Krankenhausversorgung systematisch zu strukturieren und zu optimieren, indem Krankenhäuser ihre Ressourcen effizienter nutzen und spezialisierte Versorgungsangebote entwickeln.
Leistungsbereiche:
Definition: Leistungsbereiche stellen die übergeordneten Kategorien der medizinischen Versorgung dar, wie z.B. die Allgemeine Innere Medizin oder die Allgemeine Chirurgie, die gemeinsam mehr als 38% des gesamten stationären Patientenaufkommens abedecken. Sie sind breit gefasst und decken große Versorgungssegmente ab. Es wurden insgesamt 30 Leistungsbereiche in der somatischen Versorgung definiert. Leistungsbereiche enthalten aufgrund unterschiedlich komplexer Leistungsgruppen mehrere Planungsebenen.
Ziel: Die Leistungsbereiche sollen sicherstellen, dass die Grundversorgung in allen Regionen gewährleistet ist, während gleichzeitig spezialisierte Leistungen auf bestimmte Krankenhäuser konzentriert werden.
Leistungsgruppen:
Definition: Leistungsgruppen sind spezifische Unterkategorien innerhalb der Leistungsbereiche, die sich auf bestimmte medizinische Dienstleistungen oder Eingriffe konzentrieren. Eine der größten spezifischen Leistungsgruppen sind die interventionelle Kardiologie, EPU & Ablationen sowie Kardiale Devices, die sich innerhalb des Leistungsbereiches Kardiologie subsumieren.
Ziel: Durch die Festlegung von Leistungsgruppen soll die Spezialisierung und Qualitätssicherung gefördert werden. Krankenhäuser müssen nachweisen, dass sie in den jeweiligen Leistungsgruppen ausreichend Expertise und Erfahrung vorweisen können, um diese anzubieten.
2. Die BMG Krankenhausreform
2.1 Struktur- und Planungsreform
Gemäß Bundesministerium für Gesundheit hat die Krankenhausreform drei Hauptziele: die Sicherung und Verbesserung der Behandlungsqualität, die Sicherstellung einer umfassenden medizinischen Versorgung für alle Patientinnen und Patienten sowie die Reduzierung bürokratischer Hürden (https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/krankenhaus/krankenhausreform).
Ein Kernpunkt der BMG-Reform ist wie in NRW eine strukturorientierte Krankenhausplanung. Hierbei wird eine stärkere Fokussierung auf Leistungsbereiche und Leistungsgruppen vorgenommen, die die Grundlage für die Zuweisung von Krankenhäusern zu bestimmten Versorgungsstufen bildet. Diese Reform zielt darauf ab, eine flächendeckende und qualitativ hochwertige Versorgung sicherzustellen.
Dabei wird ein Planungssystem entwickelt, das bundesweit gültige Qualitätskriterien und Mindestmengen für bestimmte Leistungen festlegt. Kliniken, die diese Kriterien nicht erfüllen, können dennoch Leistungsgruppen zugewiesen bekommen, wenn dies zur Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung erforderlich ist.
2.2 Vergütungsreform – Vorhaltefinanzierung
Im Gegensatz zur NRW-Reform will Gesundheitsminister Lauterbach auch eine Vergütungsreform. Die Vergütungsstruktur der Krankenhäuser soll durch die Einführung der Vorhaltefinanzierung eine grundlegende Veränderung erfahren. Die Vorhaltefinanzierung soll es ermöglichen, die Kosten, die durch die Bereitstellung bestimmter medizinischer Leistungen entstehen, besser zu decken. Dies geschieht durch eine spezifische Kalkulation der Pflegekosten, direkten Sachkosten und verminderten Kosten auf Basis des sogenannten InEK-Kalkulationsschemas.
Ziel ist es, die Vorhaltefinanzierung schrittweise aus dem DRG-System (Diagnosis Related Groups) auszugliedern und bis 2027 ein separates Vorhaltebudget zu implementieren. Dies soll eine faire Vergütung der Krankenhäuser sicherstellen, die unabhängig von der Fallzahl eine hohe Versorgungsqualität aufrechterhalten müssen.
2.3 Sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen
Ein zentraler Aspekt der Reform ist die Etablierung sektorenübergreifender Versorgungseinrichtungen (sog. Level 1i Krankenhäuser). Diese Einrichtungen sollen sowohl ambulante, hybride und auch stationäre Behandlungen anbieten und damit eine nahtlose Patientenversorgung ermöglichen. Das Ziel ist es, durch eine engere Verzahnung der verschiedenen Versorgungssektoren Effizienzgewinne zu erzielen und die Qualität der Patientenversorgung zu verbessern.
In diesem Zusammenhang werden Kliniken in verschiedene Versorgungsstufen (Level 1n bis Level 3) eingeteilt. Die Einstufung hängt von den erbrachten Leistungsgruppen, der Erfüllung von Qualitätskriterien und vor allem an der Teilnahme der Notfallstufen des G-BA ab. Besonders Kliniken des Levels 1i sollen zukünftig als sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen eine wichtige Rolle spielen.
2.4 Krankenhaustransparenzgesetz
Um die Transparenz in der Krankenhauslandschaft zu erhöhen, sieht die Reform die Einführung eines Krankenhaustransparenzgesetzes vor. Dieses Gesetz verpflichtet die Krankenhäuser, detaillierte Informationen über ihre Leistungsgruppen, die Erfüllung von Qualitätskriterien und die Zuweisung von Vorhaltebudgets zu veröffentlichen. Dadurch soll die Nachvollziehbarkeit der Krankenhausplanung und -finanzierung für die Öffentlichkeit verbessert werden.
3. Fazit und Ausblick
Ein Reform muss kommen, darüber sind sich alle einig. Doch wie tiefgreifend die Veränderungen sein werden, ist aktuell noch nicht zu 100% Prozent sicher. Der Reformansatz des BMG enthält viele identische Ansatzpunkte zur NRW-Reform. Insbesondere die Einführung der Leistungsbereiche und Leistungsgruppen, die an Mindeststrukturvoraussetzungen gekoppelt werden, gelten daher als sehr wahrscheinlich.
Die kommenden Jahre werden zeigen, wie sich diese Reformen in der Praxis bewähren und welche weiteren Anpassungen möglicherweise erforderlich sind, um die gesteckten Ziele zu erreichen.
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