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Verhilft die Krankenhausreform der Telemedizin zum Durchbruch?

Entdecken Sie, wie die Telemedizin die Versorgungssituation verbessern und Kliniken Leistungsgruppen sichern kann!

Hintergrund

Die demografische Entwicklung, die geplante Krankenhausreform, die Ambulantisierung und der Fachkräftemangel werden das Gesundheitsdienstleistungsangebot in Deutschland in naher Zukunft erheblich verändern. Dies stellt eine Herausforderung für die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung dar. Diagnostische, medizinisch-therapeutische und pflegerische Kapazitäten befinden sich im Wandel von einem stark stationären zu einem zunehmend ambulanten und hybriden Angebot.

Diese Transformation bringt Chancen und Risiken für die Versorgung der Bevölkerung mit sich. Das stationäre Versorgungsangebot wird sich verändern und viele Kliniken stehen im Rahmen der Krankenhausreform vor großen Herausforderungen sich für die zukünftigen Leistungsgruppen zu "qualifizieren". Für Kliniken kann die Telemedizin ein probates Instrument werden auch zukünftig ihre Leistungsgruppen erbringen zu können wodurch eine standortnahe Versorgung der Bevölkerung weiterhin aufrecht erhalten werden kann.

Versorgungssituation vor und nach der Krankenhausreform

Das stationäre Versorgungsangebot und damit die Versorgungssituation der Bevölkerung wird sich nach der Krankenhausreform in vielen Regionen in Deutschland deutlich verändern. Durch die Einführung von Qualitätsvoraussetzungen zur Erbringung von Leistungsgruppen werden viele Kliniken gewissen Leistungsgruppen nicht mehr erbringen können. Im Rahmen einer Analyse der Versorgungssituation konnten wir das exemplarisch am Bundesland Baden-Württemberg demonstrieren. Beispielsweise wird sich in der Leistungsgruppe Allgemeine Innere Medizin die Anzahl der Kliniken, welche die Leistungsgruppe erbringen dürfen, von 129 Kliniken vor der Krankenhausreform auf 93 Krankenhäuser nach der Reform reduzieren. Dies hätte zur Folge, dass in Baden-Württemberg 686.252 Personen eine längere Fahrtzeit als 30 Minuten zur nächstgelegenen Klinik, welche die Leistungsgruppe Allgemeine Innere Medizin anbietet, hätten, was einer Verschlechterung für 364.482 Personen bedeutet (1).

In anderen Leistungsgruppen zeichnet sich ein ähnliches Bild ab. In einigen Leistungsgruppen wie zum Beispiel der Pneumologie, Diabetologie oder Nephrologie verschlechtert sich die Versorgungssituation noch dramatischer.

Telemedizin als Enabler für die Leistungsgruppen

Durch die Integration von Telemedizin im Zuge der Krankenhausreform können Kliniken effektiv ihre Leistungsgruppen absichern und somit die Versorgungssituation der Bevölkerung signifikant verbessern. 

Hierbei werden unter dem Begriff Telemedizin jene telemedizinischen Dienste verstanden, die von medizinischen, pflegerischen oder technischen Fachkräften für andere Fachkräfte aus diesen Bereichen bereitgestellt werden, mit dem Ziel, sie in die Lage zu versetzen, Patienten qualitativ hochwertig zu behandeln. Konkret bedeutet das, dass sich Ärzte, Pflegekräfte oder andere klinischen Fachkräfte telemedizinische Expertise zuschalten können, die sie dabei unterstützt die Patientenbehandlung durchzuführen.

Wie kann das gelingen?

Im Entwurf des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG) ist die Förderung telemedizinischer Strukturen und die Kompensation von Leistungen durch telemedizinische Kooperationen konkret vorgeschlagen. Hier heißt es (1):

  • „…, dass sektorenübergreifende Versorger stationäre Leistungen erbringen dürfen, sofern sie hierbei telemedizinisch von einem kooperierenden Krankenhaus mit entsprechend zugewiesenen Leistungsgruppen unterstützt werden“ (S. 8).
  • Teleradiologische Anbindungen und telemedizinische Behandlungen sind explizit für die Erfüllung von Qualitätsvoraussetzungen in einigen Leistungsgruppen genannt (Anlage 1 und 2 zum KHVVG-Entwurf).
  • Der Aufbau telemedizinischer Versorgungsnetzwerke kann von Landesbehörden an Kliniken zugewiesen werden, die mit dem Transformationsfonds vergütet werden sollen (S.35f).
  • „Die Nutzung der Telemedizin bietet dennoch die Möglichkeit, in sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen bestimmte Leistungen anderer Leistungsgruppen zu erbringen, wenn diese in Kooperation mit anderen Krankenhäusern mit entsprechend zugewiesenen Leistungsgruppen “ …hierzu sollen Investitionen in die technische Ausstattung getätigt werden, „dass Telekonsile, telemedizinische Fallbesprechungen und auch Videobehandlungen im erforderlichen Maße durchgeführt werden…“ (S. 96).
  • Ein spezifischer Leistungskatalog soll von der deutschen Krankenhausgesellschaft, dem GKV-Spitzenverband im Benehmen mit dem PKV-Verband vereinbart werden (S.98).

Diese umfangreiche Berücksichtigung und Definition von telemedizinischen Leistungen bedeutet, dass Krankenhäuser die telemedizinische Anbindung an andere Kliniken wie zum Beispiel Maximalversorger dafür nutzen können, sich für Leistungsgruppen zu qualifizieren. 

Beispiel Baden-Württemberg

Ein gutes Beispiel für die erfolgreiche telemedizinische Aktivierung von Kliniken wurde in der "Machbarkeitsstudie Telemedizin in Baden-Württemberg", welche die BinDoc GmbH im Auftrag des Bosch Health Campus durchgeführt hat, dargelegt (1). 

Durch die telemedizinische Anbindung konnten sich in der Studie 16 Klinikstandorte, davon 11 sektorenübergreifende Versorger (Leve 1i KH), für die Leistungsgruppe Allgemeine Innere Medizin qualifizieren. Nach der Aktivierung dieser Standorte verbesserte sich die Fahrtzeit für 364.092 Personen (in Abbildung grün schraffiert). Dies entspricht einer Verbesserung für 3,28% der gesamten Bevölkerung von Baden-Württemberg. Die Folgen der Krankenhausreform können hierdurch fast vollständig kompensiert werden.

Wie in Abbildung 3 ersichtlich, vollzieht sich die Versorgungsverbesserung durch die Telemedizin hierbei insbesondere im ländlichen Raum in den Bereichen des Süd-, Mittel- und Nordschwarzwalds, in den Gebieten des Hochrheins an der Schweizer Grenze, im Kaiserstuhl, in Oberschwaben, der schwäbischen Alb sowie im Neckar-Odenwald Kreis.

Besonders hervorzuheben ist, dass der Ressourcenbedarf an Klinikstandorten deutlich geringer ist als vor der Krankenhausreform für eine vergleichbare Versorgungssituation der Bevölkerung.

Zukünftige Versorgungslandschaft mit Telemedizin

Die Telemedizin hat das Potenzial, die zukünftige Versorgungslandschaft maßgeblich zu verändern. Durch den Einsatz von moderner Technologie können Kliniken besser vernetzt und somit eine flächendeckende medizinische Versorgung sichergestellt werden. Patienten und Kliniken können davon profitieren .

Die unterstreicht die Wichtigkeit der Telemedizin als ergänzendes Instrument zur herkömmlichen stationären Versorgung, insbesondere vor dem Hintergrund der Krankenhausreform und den damit verbundenen Qualitätskriterien.

Die Telemedizin kann somit zu einem Gamechanger für Kliniken und die gesamte medizinische Versorgung werden.

 

(1) Machbarkeitsstudie Telemedizin in Baden-Württemberg, https://www.bosch-health-campus.de/de/Machbarkeitsstudie

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