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Entökonomisierung anstatt Digitalisierung: Lauterbachs Irrweg!

Entökonomisierung der Krankenhäuser

Als ich letzte Woche von Tübingen nach Frankfurt und wieder zurück mit der Deutschen Bahn fuhr, musste ich beim ersten Zug von Tübingen nach Stuttgart und beim letzten Zug von Stuttgart nach Tübingen an der Anzeigetafel lesen, dass dieser Zug heute leider ausfällt. Die Deutsche Bahn dient in diesen Tagen wie kaum ein anders Beispiel für das Versagen des Staates als Unternehmer! Die Frage, die ich mir in den Wartezeiten gestellt habe war: Müssen wir das bald auch am Eingang vieler Krankenhäuser lesen, wenn es zu einer Abkehr von ökonomischen Prinzipien kommen soll?

Gesundheitsminister Karl Lauterbach twittert fröhlich über sein Vorhaben der Entökonomisierung der Krankenhäuser. Gleichzeitig propagiert er in gewohnter Manier in Talkshows seine Meinung, dass medizinische Entscheidungen endlich von den ökonomischen Zwängen befreit werden müssen.

Was aber würde eine Entökonomisierung von Krankenhäusern konkret bedeuten?

Im aktuellen DRG-System werden medizinische Leistungen in ähnliche Fallgruppen zusammengefasst. Die in den Kliniken entstehenden Kosten werden auf diese Fallgruppen aufgeteilt, was die Grundlage der DRG-Vergütung bildet. Gleichzeitig werden im Rahmen der dualen Finanzierung die Investitionskosten wie z.B. Gebäude, Großgeräte oder Operationssälen von den Bundesländern finanziert.

Etwas vereinfacht gesagt können Kliniken, die für die Behandlung dieser Fallgruppen geringere Kosten als der Durchschnitt aufweisen, Gewinne erzielen. Umgekehrt führen höhere Kosten als der Durchschnitt zu Verlusten. Hierdurch haben Kliniken im Sinne der Ökonomie einen Anreiz effizient zu arbeiten. D.h. sie optimieren ihre Prozesse und Strukturen wie Unternehmen in der freien Wirtschaft. Was im aktuellen System fehlt ist ein Anreiz zur Optimierung der Qualität, der durchaus in das DRG-System integriert werden könnte.

Eine Entökonmisierung der Medizin würde bedeuten, dass Ressourcen keine Rolle spielen. Krankenhäuser würden ihre tatsächlich anfallenden Kosten egal in welcher Höhe von den Krankenkassen oder einer anderen Instanz erstattet bekommen. Hierdurch entfällt allerdings ein entscheidender Faktor: Der Anreiz zur Optimierung! Was wir uns aktuell am wenigsten leisten können ist Personalressourcen zu verschwenden.

Die Entökonomisierung der Pflegekosten hat bereits deutlich gezeigt, dass dieser Weg ein Irrweg ist. Der Pflegemangel hat sich seit dem Pflexit verschärft. Kliniken haben die zuvor auf unterschiedliche Berufsgruppen verteilten Aufgaben wieder in Richtung Pflege zentralisiert, weil das Kostenerstattungsprinzip wenig Anreize zur Struktur- und Prozessoptimierung liefert.

Ein gutes Pferd springt nur so hoch wie es muss!

Wenn es keinen Anreiz mehr zur Ressourcenoptimierung gibt, wird es auch keine Ressourcenoptimierung mehr geben. Die Verweildauer der Patienten wird steigen, genauso wie Material und Personalkosten. Die Auswirkungen einer Kostenexplosion könnten drastisch sein. Neben steigenden Energiekosten, könnten dann auch die Krankenkassenbeiträge weiter ansteigen. Da die Finanzierung der Krankenkassenbeiträge jeweils zur Hälfte von Arbeitnehmer und Arbeitgeber erfolgt, könnten nicht nur auf Einzelhaushalte, sondern auch auf Unternehmen ernsthafte Probleme zukommen. Dies könnte zu einer Abwärtsspirale führen.

Digitalisierungsoffensive würde helfen

Anstatt nur über das Vergütungssystem nachzudenken, dem eine Integration von Qualitätskriterien sicherlich gut tun würde, sollte sich der Gesundheitsminister besser um die Digitalisierung kümmern. Hier liegt das größte Entlastungspotenzial für Pflegekräfte, Ärzte, OTAs und das Verwaltungspersonal. Ein vollständig digitalisiertes Krankenhaus kann deutlich leichter Prozess- und Strukturoptimiert werden als ein analoges.

Man darf gespannt sein, was der Gesundheitsminister uns in den nächsten Wochen präsentiert, eine Abkehr von ökonomischen Prinzipien, wird aber mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht zu einer besseren Medizin führen.