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Entrepreneurship im Gesundheitswesen

Existenzgründer auf neuem Rekordtief

Die Diskussionsplattformen und -teilnehmer über Innovationen in der Gesundheitswirtschaft erreichen fast täglich neue Höchststände. Gleichzeitig ist die Anzahl der Existenzgründer in Deutschland auf ein neues Rekordtief gesunken. Diese divergierende Entwicklung wirft vor allem eine zentrale Frage auf:

Reden wir zu viel, anstatt als Entrepreneure anzupacken und unsere Ideen umzusetzen?  

Die Stimmung ist aufgeheizt, die Debatten um mehr Veränderung insbesondere Digitalisierung im Gesundheitswesen werden größer und weitreichender. Wer derzeit in den sozialen Medien aktiv ist, erkennt ohne Mühe, dass auf Twitter, LinkedIn, Facebook, Xing und Youtube, um nur die größten zu nennen, die Aktivität rund um das Gesundheitswesen massiv zunimmt. Es vergeht kaum eine Woche, in der nicht auf einem der vielen Kongressen über Digitalisierung, Künstliche Intelligenz (KI), Patientensicherheit und -qualität oder weitreichende Reformen im Gesundheitswesen diskutiert wird. Gesundheitsminister Spahn gibt sich viel Mühe, mit neuen Gesetzesinitiativen und der Gründung des Health Innovation Hub die Digitalisierung ins Rollen zu bringen. Doch während die Kreativität der Namensgebung der Diskussionsplattformen von #Hackathons über #ThinkThanks bis zu #Digitalhealthkongressen neue Dimensionen erreicht, geht eine zentrale Zahl fast unter. 

Die Anzahl an Existenzgründern ist rückläufig!

„Die Zahl der Existenzgründer ist mit 547.000 im Vergleich zum Vorjahr nur noch leicht gesunken“, heißt es im KfW-Gründungsmonitor 2019. Nur noch leicht rückläufig heißt übersetzt: Wir befinden uns auf einem Rekordtief neuer Entrepreneure in Deutschland! Die Grafik der KfW veranschaulicht deutlich, wie sich die Gründerquote seit 2003 in einem stetigen Abwärtstrend befindet. Die Frage, die sich angesichts der nackten Zahlen aufdrängt, ist: Reden wir zu viel, anstatt mit Herz und hochgekrempelten Ärmeln anzupacken und unsere Ideen umzusetzen? Ich denke ja und das muss sich dringend ändern, wenn wir nicht von anderen Ländern abgehängt werden wollen!

Das Entrepreneurship ist der Motor einer jeden Volkswirtschaft. Nicht ohne Grund erkannte einer der renommiertesten Ökonomen des 20. Jahrhunderts Joseph Alois Schumpeter das Unternehmertum als zentrale Funktion einer Volkswirtschaft. Er prägte seine Zeit mit dem Begriff der „Creative Destruction“ – der schöpferischen Zerstörung -–, mit der er einen evolutionären Prozess beschreibt, in dem neue Produkte und Prozesse alte Produkte verdrängen und dadurch eine natürliche Auslese unwirtschaftlicher Unternehmen erfolgt. Schumpeter erkannte wie kein Zweiter die gesellschaftliche Bedeutung von Innovationen, Entrepreneuren und der daraus folgenden schöpferischen Zerstörung, die den Kern des wirtschaftlichen Wachstums darstellt. Ohne die Innovation verliefe der wirtschaftliche Kreislauf in einer ständig gleichen Bahn.

Die wichtigsten Voraussetzungen für das Unternehmertum sind Gründer und deren Akzeptanz

1. Gründer: Den Gründer zeichnet neben der notwendigen Kreativität vor allem Mut, Drang zu Veränderung und Freiheit, Risikofreude, Durchhaltevermögen und unbändigen Optimismus aus. Es ist ein häufig steiniger Weg etablierte Strukturen aufzubrechen. Tag für Tag arbeitet der Unternehmer an der Entwicklung und Verbesserung seines Produktes und muss wie kein zweiter für dieses werben. Werben heißt pitchen, klingelputzen, vortragen und Venture Capital einsammeln, um letztlich seinen Platz in einem hart umkämpften Markt etablierter Produkte erobern zu können. Trotz des Weges ist die freie Umsetzung eigener Ideen und Visionen eine der erfüllendsten Tätigkeiten, für die sich jede Stunde Arbeit lohnt.

2. Akzeptanz: Das vielleicht größte Hindernis ist die gesellschaftliche Akzeptanz. Das ein Großteil der Start-Ups scheitert, ist bekannt und dennoch ist der gesellschaftliche Umgang des Scheiterns in Deutschland immer noch höchst problematisch. Das aus meiner Sicht noch größere Problem ist das falsche Verständnis der wirtschaftlichen Kräfte. Exemplarisch ist die aktuell laufende Debatte unter der Überschrift „Mensch vor Profit“. Wenngleich die Initiatoren dieser „Petition“ gute Absichten verfolgen mögen, zeigt es doch deutlich die Angst der vieler Deutschen vor Profiten, die wiederum neben seinem inneren Visionsantrieb den Lohn des Unternehmers darstellen. Profite sind per se aber nichts Schlechtes. Es ist auch nicht verwerflich, dass ein Chefarzt in einer Klinik oder ein niedergelassener Arzt nach einem hohen Einkommen (Profit) strebt, wenn dieser beispielweise durch eine innovative Organisationstruktur seine Abteilung qualitativ und ökonomisch optimal ausrichtet. Entscheidend hierbei ist lediglich, dass der regulative Rahmen als Anreizmaxime nicht nur die quantitative Leistungserbringung, sondern vor allem Qualität ausgerufen wird. Ohne Profite kann es zu keinen Innovationen kommen und ohne Innovationen werden die Chancen der Digitalisierung nicht wahrgenommen werden können. Nicht von ungefähr kommen die bahnbrechenden Innovationen sowohl der Digitalisierung als auch anderer Bereiche in jüngster Vergangenheit fast ausschließlich aus den USA. Soziale Medien, künstliche Intelligenz oder auch die innovativen Möglichkeiten der Robotik im Gesundheitswesen kommen federführend von US-Unternehmen, die allesamt als kleine Entrepreneure und Start-Ups begonnen haben und mittlerweile zu hochprofitablen Großkonzernen aufgestiegen sind.  

Die vielen Debatten um die massiven Wertschöfpungsmöglichkeiten der Digitalisierung sollten also jetzt genutzt werden, um mehr Menschen für die Gründung und das Unternehmertum zu begeistern, und um auch mehr Risikokapitalgeber in unsere Branche zu locken. Das Ziel ist, am Ende aus viel Redefluss auch Innovationen zu generieren.