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Die große DRG-Krankenhausreform 2023

1. Ausgangssituation DRG Fallpauschalen ergänzen

Das deutsche Gesundheitswesen ist geprägt von einer systematischen Trennung des ambulanten vom stationären Sektor. Diese Sektorentrennung in Verbindung mit dem starken Leistungsbezug des DRG-Systems hat in den letzten Jahren zu einer unangemessenen Ausweitung stationärer Behandlungen geführt. Teile dieser stationären Mengenausweitung könnten auch in einer geeigneten ambulanten Infrastruktur erbracht werden. 
Neben der Ausweitung des stationären Volumens sind auch die Indikationsgebiete, die von Krankenhäusern behandelt werden, mitunter nicht adäquat für technische und personelle Ausstattung. Die Krankenhausplanung, welche von den Bundesländern vorgenommen wird, erfolgt in den meisten Bundesländern auf Fachabteilungsebene. Diese Ebene ist allerdings zu grob, um die personellen und infrastrukturellen Mindestvoraussetzungen in allen Kliniken vorzuhalten, die für ein umfangreiches Leistungsspektrum einer entsprechenden Fachabteilung notwendig sind. Aus diesem Grund werden in einzelnen Kliniken Indikationen behandelt, für welche sie nicht ausreichend ausgestattet sind. 
Die Bundesländer, welche für die Investitionsfinanzierung zuständig sind, können aber nicht alle Kliniken in ausreichendem Maße mit finanziellen investiven Mitteln ausstatten, weshalb es einer stärkeren Fokussierung und Schwerpunktbildung bedarf. 

2. Wie sieht die "Lösung" im Rahmen der DRG-Reform aus?

Die Grundprinzipien der Reform gliedern sich in drei Schwerpunktbereiche:

1. Es soll eine einheitliche Definition von Krankenhaus-Versorgungsstufen (Leveln) implementiert werden, um lokale, regionale und überregionale Versorgungsaufträge abzugrenzen. Diese Versorgungslevel werden an Mindestvoraussetzungen in den Bereichen der Leistungsspektren, der Notfallversorgung, der Intensivmedizin sowie des ärztlichen und pflegerischen Personal geknüpft.

2. Parallel soll ein System von Leistungsgruppen eingeführt werden, das an die bereits eingeführte Leistungsgruppensystematik des Bundeslandes NRW erinnert, aber noch etwas fein granulärer gegliedert sein soll.  Insgesamt sollen 128 Leistungsgruppen den Versorgungsleveln zugeordnet und an den Bevölkerungsbedarf angepasst werden. 

3. Der dritte wichtige Eckpfeiler stellt die Finanzierung dar. Das aktuell stark mengenbezogene DRG-System soll um eine Vorhaltefinanzierung ergänzt werden. Durch die Kombination aus Vorhaltefinanzierung und DRG-Finanzierung soll ein besseres Gleichgewicht aus Qualität, Bedarfsgerechtigkeit und Ökonomie erreicht werden. 

2.1 Versorgungslevel: Prüflogik - Mindestvoraussetzungen

Die Versorgungslevel reichen von Level I bis Level III Krankenhäuser, wobei Level I Krankenhäuser in Level Ii und Level In unterschieden werden. Level Ii Krankenhäuser stellen hierbei keine klassischen Krankenhäuser mehr dar, sondern vielmehr intersektorale Gesundheitszentren mit Akutpflegekapazitäten. Diese neue Versorgungsform soll insbesondere zu einer Sektorenverschmelzung des ambulanten und stationären Sektors beitragen.Versorgungslevel Prüflogik1-1

 

Die Grafik zeigt einen Ausschnitt der Prüflogik, die angewandt werden soll, um die jeweiligen Versorgungslevel zuzuordnen. Die wichtigsten Mindestvoraussetzungen werden das Leistungsspektrum, die Notfallversorgung, die intensivmedizinische Kapazität, die personelle Verfügbarkeit sowie medizinisch technische Ausstattung darstellen. 

Eine Mindestvoraussetzung ist die Breite des Leistungsspektrums, das sich an den Leistungsgruppen orientiert. Je breiter das Leistungsspektrum desto höher kann das Versorgungslevel sein, wenn die anderen Mindestvoraussetzungen ebenfalls gegeben sind.

Zwei weitere Voraussetzungen in der Prüflogik sind die Notaufnahme und die Intensivmedizin. Die Regierungskommission greift hier die 2018 beschlossenen Notfallstufen wieder auf und verknüpft diese mit den Versorgungslevels. Die intensivmedizinische Kapazität ist ebenfalls ein zentrales und hartes Mindestkriterium. Weitere Mindestvoraussetzungen für die verschiedenen Versorgungslevels sind die ärztliche Anwesenheit, die zumindest in Teilen bereits an die Notfallstufen gebunden sind und sonstige Punkte wie medizinisch technische Geräte, telemedizinische Ausstattung,  Ausbildungsvoraussetzungen usw. 

Info Box: Um was geht es in der DRG-Reform?

Die Regierungskommission empfiehlt eine grundlegende Reform der Krankenhausvergütung, um einen Beitrag zur nachhaltigen Stabilisierung der Krankenhausversorgung und -vergütung zu leisten. 
Dies soll ein weiterer Baustein für eine sektorenübergreifende Reform der ärztlichen und pflegerischen Versorgung in Deutschland sein. Sie erkennt, dass das DRG-System, das auf Leistungs- und Mengenorientierung basiert, Fehlanreize schafft und die Möglichkeiten für eine Ambulantisierung nicht ausnutzt. Deshalb plädiert sie für eine Kombination aus leistungsabhängiger Vergütung und einer Vorhaltefinanzierung, die an Versorgungslevel und Leistungsgruppen gekoppelt ist. Darüber hinaus sieht sie eine regelmäßige Evaluation und wissenschaftliche Begleitung der Umstellung als unerlässlich an.

2.2 Leistungsgruppen und Leistungsbereiche

Aktuell sieht die Stellungnahme der Regierungskommission 17 Leistungsbereiche mit insgesamt 128 Leistungsgruppen vor. Jeder Leistungsgruppe wird ein Versorgungslevel zugeordnet, so dass nicht alle Kliniken auch alle Leistungsgruppen erbringen dürfen. Ziel dieser Leistungsgruppen-Zuordnung ist es, dass Krankenhäuser personell und technisch für die Behandlung der jeweiligen Indikationsgebiete gut ausgestattet sind und Patienten in einer hohen Qualität behandeln können. Die Behandlung von Herzinfarkten erfordert beispielsweise das Vorhandensein eines Linksherzkatheters, Schlaganfälle benötigen zur Behandlung eine Stroke Unit und onkologische Erkrankungen sollten in zertifizierten Krebszentren behandelt werden. Eine beispielhafte Darstellung von Leistungsgruppen innerhalb der Leistungsbereiche Innere Medizin sind in der untenstehenden Tabelle dargestellt (Quelle: Dritte Stellungnahme und Empfehlung der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung).

Leistungsbereich Leistungsgruppe Mindestlevel
1 INNERE MEDIZIN 1.0 Basisbehandlung Innere Medizin 1
1 INNERE MEDIZIN 1.1 Angiologie 2
1 INNERE MEDIZIN 1.2 Endokrinologie und Diabetologie 2
1 INNERE MEDIZIN 1.3 Gastroenterologie 2
1 INNERE MEDIZIN 1.4 Hämatologie und Onkologie 2
1 INNERE MEDIZIN 1.4.1 Solide Tumoren (ggf. weiter unterteilt) 2
1 INNERE MEDIZIN 1.4.2 Leukämie und Lymphome 2
1 INNERE MEDIZIN 1.4.3 Stammzelltransplantation 3
1 INNERE MEDIZIN 1.5 Infektiologie 2
1 INNERE MEDIZIN 1.6 Kardiologie 2/FA
...usw.

2.3 Vorhaltebudgets & DRG Vergütung

Die aktuelle Planung sieht vor, dass die DRG-Vergütung um sogenannte Vorhaltebudgets ergänzt werden. Für jede Leistungsgruppe wird der Anteil der Vorhaltebudgets und der Anteil der Vergütung an der Gesamtvergütung festgelegt. Die Vorhaltebudgets sollen zwischen 40% bis 60% der Gesamtfinanzierung ausmachen. Die Vorhaltebudgets sollen sich aus dem aktuellen Pflegebudget 20% und einer Vorhaltung für die restliche Infrastruktur (personell und medizinisch-technisch) zusammensetzen. Dieses Vorhaltebudget soll im ersten Schritt unabhängig von der Fallmenge auf alle Krankenhäuser in den jeweiligen Leistungsgruppen aufgeteilt werden. 

Zu Beginn soll die Aufteilung auf Basis der Marktanteile im Status Quo erfolgen. Die DRG-Vergütung soll weiterhin mengenabhängig pro Fall ausgezahlt werden. Nach einer Konvergenzphase sollen die Vorhaltebudgets an drei Komponenten geknüpft werden.

  • Eine Bevölkerungskomponente, um die Einwohnerdichte und Fahrtzeiten zu berücksichtigen. Ziel ist es hierbei die Kapazitätsvorhaltung in Einklang zum Bedarf der Einwohnerzahl zu bringen.

3 Komponenten der Vorhaltebudgets

  • Eine Qualitätskomponente mit konkreten operationalisierbaren Qualitätsindikatoren, welche die Sicherstellung und Belohnung der qualitativen Outcomes zum Ziel haben soll.
  • Eine zusätzliche mengenbezogene Komponente, um auch die Nachfrage der Patienten und Einweiser im Vorhaltebudget berücksichtigen zu können. Diejenigen Krankenhäuser, die einen guten Ruf durch Qualität, Fürsorge etc. genießen und dadurch einen stärkeren Patientenzulauf haben, der mit höheren Vorhaltekosten verbunden ist, sollen auch ein höheres Vorhaltebudget erhalten.

 

  


3. FAQ

 

Wie sollen die Versorgungsstufen zukünftig definiert werden?

Es soll eine einheitliche Definition von Krankenhaus-Versorgungsstufen (Leveln) geben, um lokale, regionale und überregionale Versorgungsaufträge abzugrenzen. Für jedes Versorgungslevel sollen Mindeststrukturvoraussetzungen gelten, um die Qualität sicherstellen zu können. Die Versorgungslevel teilen sich wie folgt auf:

  • Level I – Grundversorgung; unterteilt in i (integrierte ambulant/stationäre
    Versorgung) und n (mit Notfallstufe I)
  • Level II – Regel- und Schwerpunktversorgung
  • Level III – Maximalversorgung (mit Level IIIU = Universitätsmedizin)

Was sind Leistungsgruppen und wie werden diese definiert?

Die Regierungskommission empfiehlt ein System von 128 Leistungsgruppen, die im Vergleich zur aktuellen Planung auf Fachabteilungsebene eine deutlich feingliedrige Planung ermöglicht. Ziel dieser Leistungsgruppen Zuordnung ist es, dass Krankenhäuser personell und technisch für die Behandlung der jeweiligen Indikationsgebiete gut ausgestattet sind und Patienten in einer hohen Qualität behandeln können. Sie sollen auf ICD-10-Diagnosen und OPS-Codes basieren.

 Wie sieht die zukünftige Finanzierung aus?

Die aktuelle Planung sieht vor, dass die DRG-Vergütung um sogenannte Vorhaltebudgets ergänzt werden. Für jede Leistungsgruppe wird der Anteil der Vorhaltebudgets und der Anteil der Vergütung an der Gesamtvergütung festgelegt. Die Vorhaltebudgets sollen zwischen 40% bis 60% der Gesamtfinanzierung ausmachen.

 Welche Komponenten zu Berechnung der Vorhaltebudgets spielen eine Rolle?

Bevölkerungsbezug, Qualitätsbezug und Mengenbezug.

Welches Ziel verfolgt die DRG-Reform? 

Die DRG-Reform soll für eine nachhaltige Stabilisierung der Krankenhausversorgung und -vergütung sorgen und bei der Behandlung von Patient*innen in Krankenhäusern sollen die medizinischen Faktoren und nicht die ökonomischen Faktoren im Vordergrund stehen.