Mindestvorhaltezahlen (MVHZ) und Vorhaltevergütung
Mindestvorhaltezahlen (MVHZ) und Vorhaltevergütung sind zwei zentrale Begriffe der aktuellen Krankenhausreform. § 135f des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG) regelt die Voraussetzungen, unter denen Krankenhäuser künftig stationäre Leistungen erbringen und finanziert bekommen. Dieser Glossareintrag erklärt, was MVHZ bedeuten, wie sie festgelegt werden und welche Konsequenzen sich daraus für die Leistungserbringung und Vergütung ergeben.
Was sind Mindestvorhaltezahlen (MVHZ)?
Mindestvorhaltezahlen (kurz: MVHZ) sind gesetzlich definierte Anforderungen an Krankenhäuser, bestimmte personelle, sächliche oder organisatorische Ressourcen dauerhaft vorzuhalten. Nur wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, dürfen Einrichtungen bestimmte klinische Leistungen im Rahmen festgelegter Leistungsgruppen erbringen.
Ziel der MVHZ ist es, die Strukturqualität in der stationären Versorgung bundesweit zu sichern, Gelegenheitsversorgung zu verhindern und eine verlässliche Leistungserbringung zu ermöglichen.
Welche Rolle spielen MVHZ in der Krankenhausreform?
Mit dem Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) führt der Gesetzgeber in § 135f SGB V erstmals bundeseinheitliche Mindestvorgaben für die Vorhaltung stationärer Krankenhausleistungen ein. Diese betreffen insbesondere die Leistungsgruppen, die künftig die Struktur der stationären Versorgung maßgeblich prägen sollen.
Die MVHZ fungieren dabei als zentrales Steuerungsinstrument, um Versorgungskapazitäten gezielt zu bündeln und die Qualität stationärer Leistungen zu stärken.
Wer legt die Mindestvorhaltezahlen fest?
Die Mindestvorhaltezahlen werden durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) auf wissenschaftlicher Grundlage festgelegt. Unterstützt wird er dabei vom Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG). Die Bundesländer werden in die Erarbeitung einbezogen (§ 135f Abs. 1).
Was ist die Vorhaltevergütung?
Vorhaltevergütung bezeichnet eine pauschale Finanzierung für die dauerhafte Vorhaltung bestimmter stationärer Krankenhausleistungen - unabhängig von der tatsächlichen Fallzahl.
Sie ist ein zentrales Element des neuen Vergütungssystems und dient dazu, Einrichtungen eine wirtschaftlich tragfähige Grundlage zu bieten, auch wenn Leistungen nur selten in Anspruch genommen werden. Damit soll die bedarfsgerechte, flächendeckende Versorgung in der klinischen Praxis gestärkt werden - insbesondere in Regionen mit niedriger Fallzahl oder für komplexe Leistungsgruppen.
Wie hängen MVHZ und Vorhaltevergütung zusammen?
Die Einhaltung der MVHZ ist Voraussetzung für die Auszahlung der Vorhaltevergütung (§ 135f Abs. 2). Kliniken müssen nachweisen, dass sie alle strukturellen Voraussetzungen erfüllen, um eine bestimmte Leistungsgruppe stationär erbringen zu dürfen. Nur dann besteht Anspruch auf die entsprechende Finanzierung.
Was passiert bei Nichterfüllung der MVHZ?
Erfüllt ein Krankenhaus die für eine Leistungsgruppe festgelegten Mindestvorhaltezahlen nicht, darf es ab dem 1. Januar 2028 die betreffende stationäre Versorgung nicht mehr erbringen. Gleichzeitig entfällt der Anspruch auf Vorhaltevergütung für diese Leistungsgruppe (§ 135f Abs. 3).
Die Erfüllung der MVHZ wird damit zur verbindlichen Voraussetzung für Leistungserbringung und Finanzierung.
Gibt es eine Übergangsregelung?
Übergangsphase 2026–2027
In den Jahren 2026 und 2027 gilt eine Übergangsregelung: Krankenhäuser, die die Mindestvorhaltezahlen noch nicht vollständig erfüllen, können dennoch Vorhaltevergütung erhalten - sofern sie am Umsetzungsprozess teilnehmen und eine nachvollziehbare Entwicklung aufzeigen (§ 135f Abs. 5).
Ab 2028: Strikte Anwendung
Ab dem 1. Januar 2028 ist die Einhaltung der MVHZ verpflichtend. Krankenhäuser, die die Anforderungen nicht erfüllen, verlieren sowohl die Zulassung zur Erbringung der jeweiligen Krankenhausleistung als auch den Anspruch auf entsprechende Vorhaltefinanzierung.
Wie wird die Vorhaltevergütung berechnet?
Die Vorhaltevergütung ist Teil eines neu strukturierten Vergütungssystems, das laut KHVVG auf drei Säulen basiert:
- Vorhaltevergütung (für Strukturkosten, fallunabhängig)
- Pflegevergütung (für Pflegepersonalkosten, fallabhängig)
- residuale DRG (rDRG) (für Sachkosten und übrige Leistungen, fallabhängig)
Die Grundlage für die Berechnung der Vorhaltevergütung bildet der sogenannte Ausgliederungswert. Dieser setzt sich aus den Restkosten (z. B. ärztliches Personal, Infrastruktur) und den Pflegekosten zusammen. Pflegekosten werden allerdings vorab herausgerechnet, da sie über ein gesondertes Pflegebudget finanziert werden. Übrig bleibt der Anteil, der für die Berechnung der Vorhaltebewertungsrelation (Vorhalte-BWR) herangezogen wird.
Nach § 37 Abs. 1 KHVVG gilt eine standardisierte Aufteilung:
- 60 % des Ausgliederungswertes werden für die Vorhaltevergütung verwendet
- 40 % für die residuale DRG (rDRG)
Die konkrete Berechnung der Bewertungsrelationen erfolgt durch das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK). Die Methodik wird zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlicht.
Sonderregelungen nach § 17b Abs. 4b KHG
Für bestimmte Leistungsgruppen, insbesondere:
- Pädiatrie
- Geburtshilfe
- Stroke Units
- Spezielle Traumatologie
- Intensivmedizin
wird der Vorhalte-BWR gesetzlich erhöht, um besondere Vorhaltekosten in diesen Bereichen abzubilden. Die Zuschläge werden pro Kalenderjahr festgelegt und separat im Entgeltkatalog ausgewiesen.
Welche rechtlichen Steuerungsmöglichkeiten bestehen?
Sollten sich im Rahmen der Einführung der MVHZ erhebliche Umsetzungsprobleme zeigen, kann das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) gemeinsam mit dem Bundesministerium der Finanzen per Rechtsverordnung ergänzende Regelungen treffen (§ 135f Abs. 4). Diese Verordnung bedarf der Zustimmung des Bundesrats und dient dazu, bei Bedarf flexibel nachzusteuern.