Daten, die Richtung geben – wie eine Region ihre Krankenhausversorgung neu denkt
Use Case Magdeburg: Analyse, Szenarien, Erkenntnisse
Die Krankenhausreform nimmt Fahrt auf – mit klaren Anforderungen an Struktur, Qualität und Regionalisierung. Doch wie kommen Entscheider:innen zu tragfähigen Konzepten, wenn die Reform nicht nur auf dem Papier, sondern in Versorgungsregionen konkret werden soll?
Am Beispiel der Region Magdeburg wurde exemplarisch gezeigt, wie datenbasierte Standortanalysen der Ausgangspunkt für strategische Entscheidungen sein können. In vier aufeinander aufbauenden Schritten – von der Ausgangslage über Szenarien bis zu Handlungsempfehlungen – lässt sich nachvollziehen, was verändert werden muss und wie datenbasierte Planung echte Steuerungswirkung entfalten kann.
1. Ausgangslage: Wo stehen wir heute?
Die Region Magdeburg steht exemplarisch für viele deutsche Versorgungsräume:
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mehrere Krankenhausstandorte mit teils überlappenden Leistungsangeboten
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Konzentration der Fallzahlen auf wenige Häuser
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wachsende Anforderungen an Erreichbarkeit, Qualität und Wirtschaftlichkeit
In der betrachteten Leistungsgruppe Thoraxchirurgie und Pneumologie verteilen sich 82 % der stationären Fälle auf nur zwei Standorte. Gleichzeitig gibt es weitere Kliniken mit geringerem Volumen – was Fragen nach Konzentration, Spezialisierung und Zukunftsfähigkeit aufwirft.
Eine erste Analyse zeigte deutlich: Die Versorgung ist uneinheitlich verteilt – und das birgt sowohl Risiken als auch Chancen.
Abbildung 1: Die Versorgung konzentriert sich stark auf die Lungenklinik Lostau und das Universitätsklinikum Magdeburg. Gemeinsam erbringen sie 82 % der Fälle in der betrachteten Leistungsgruppe. Quelle: BinDoc Versorgungsanalyse
2. Szenarien sichtbar machen: Die Rolle der Versorgungsanalyse
Mit der BinDoc Versorgungsanalyse lassen sich strukturelle Veränderungen simulieren und deren Auswirkungen systematisch bewerten. In der Modellregion Magdeburg wurde beispielhaft untersucht, was passiert, wenn ein Standort sein Leistungsangebot einstellt.
Im Szenario wurde das Fallvolumen der Lungenklinik Lostau auf null gesetzt. Die Ergebnisse zeigten:
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Fallverlagerung: Deutliche Zunahme der Fälle an zwei verbleibenden Kliniken, z. B. +189 % am Universitätsklinikum Magdeburg
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Erreichbarkeit: Trotz Konzentration konnten 84 % der Bevölkerung weiterhin innerhalb von 40 Minuten einen Versorger erreichen (gegenüber 90 % im Status quo)
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Betroffenheitsmaß: Ca. 36.000 Personen wären von längeren Fahrtzeiten betroffen – eine relevante, aber adressierbare Größenordnung
Abbildung 2: Wird der Standort Lostau zurückgebaut, steigen die Fallzahlen an anderen Häusern erheblich – insbesondere am Universitätsklinikum Magdeburg (+189 %). Quelle: BinDoc Versorgungsanalyse
Abbildung 3: Die Zielvorgabe der Krankenhausreform (Erreichbarkeit < 40 Min für 90 % der Bevölkerung) wird trotz Konzentration nur geringfügig verfehlt. Die Betroffenheit ist messbar – aber planbar. Quelle: BinDoc Versorgungsanalyse
Diese Art der Szenariotechnik ermöglicht es, Strukturveränderungen sichtbar, diskutierbar und planbar zu machen – auf Basis realer Daten.
3. Ableitungen: Was lernen wir aus dem Beispiel?
Auch ohne direkt in operative Maßnahmen überzugehen, wird deutlich: Wer seine regionale Versorgungsstruktur kennt, kann gezielt gestalten – und dafür auch Fördermittel nutzen.
Drei Erkenntnisse lassen sich aus der Analyse ableiten:
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Ohne Daten keine Richtung: Strukturveränderung beginnt mit einer ehrlichen IST-Aufnahme – nicht mit Annahmen oder Wunschbildern.
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Zielbilder schaffen Klarheit: Nur wenn klar ist, welche Leistungen wo sinnvoll erbracht werden können, lassen sich tragfähige Entscheidungen treffen.
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Versorgung denkt regional – nicht institutionell: Entscheidungen dürfen sich nicht an einzelnen Häusern, sondern müssen sich am regionalen Bedarf orientieren.
4. Vom Zielbild zur Umsetzung: Was erfolgreiche Transformation auszeichnet
Daten zeigen Potenziale – aber erst das Zusammenspiel mit klarem Management macht daraus umsetzbare Veränderung. Aus verschiedenen Umstrukturierungsszenarien in der Praxis lassen sich typische Erfolgsfaktoren ableiten:
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Leistungsbündelung statt Streuung
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Fokus auf Zentrenbildung
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Verlagerung statt Parallelstrukturen
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Strukturveränderung ist auch Personalstrategie
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Verwaltungsquote kritisch hinterfragen
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Monitoring & Nachsteuerung
Diese Punkte sind nicht universell übertragbar, aber sie zeigen: Transformation ist kein einmaliges Ereignis – sondern ein strukturierter, planbarer und steuerbarer Prozess.
Analyse ist der Anfang. Entscheidung ist der Schritt. Umsetzung ist der Anspruch.
Die Herausforderungen sind groß, aber lösbar. Mit einem präzisen Blick auf die Versorgungsrealität, klugen Szenarien und dem Willen zur Veränderung lassen sich Reformvorgaben in tragfähige Strategien überführen.
BinDoc unterstützt Kliniken, Träger und Landesbehörden genau an dieser Schnittstelle: Von der Versorgungsanalyse bis zur beratungsgestützten Antragstellung
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